Die Grazer Feldbahnfreunde
18. 07. 2021
Dass der Garten von Gerrit Freistätter ungewöhnlich ist, wäre eine Untertreibung. Vor 44 Jahren hat alles angefangen – nun fährt eine Feldbahn quer durch sein Grundstück.
18. 07. 2021
Dass der Garten von Gerrit Freistätter ungewöhnlich ist, wäre eine Untertreibung. Vor 44 Jahren hat alles angefangen – nun fährt eine Feldbahn quer durch sein Grundstück.
Im März 1977 kam der LKW an und lieferte den „Schrotthaufen“, wie er es selbst bezeichnet. Die Nachbar:innen waren schockiert und konnten sich nicht vorstellen, was daraus entstehen sollte. „Als wäre eine Bombe eingeschlagen,“ erinnert sich Gerrit. Noch im Winter haben er und sein Kollege Günther Hofmann damit angefangen, die ersten Schienen zu verbauen. Dabei war viel handwerkliches Geschick und Muskelkraft gefragt. Einen Stromzugang gab es im Garten damals noch nicht, Handbohrmaschinen- und Sägen mussten für die Arbeit eingesetzt werden. Die etlichen Stunden Handwerk haben sich jedoch ausgezahlt und das Ergebnis kann sich auch heute noch sehen lassen.
Gerrit erzählt, dass er sich immer schon für Feldbahnen interessiert hat, jedoch nicht das Geld hatte, um dieser Faszination nachzugehen. Nachdem er dann weitere leidenschaftliche Eisenbahnfans kennengelernt hat, nahm alles seinen Lauf. Er lernt Günther im Verband der Eisenbahnfreunde kennen, gemeinsam kauften sie sich ihre erste Lok. Quasi Schicksal: Der Grazer Zentralbauhof wurde aufgelöst und vier Lokomotiven waren zum Verkauf angeboten. Gerrit und Günther haben sich für die kleinste entschieden und für damals 500 Schilling gekauft. Da waren sogar die Versandkosten der 4 Tonnen schweren Lok höher als die Kosten für diese selbst.
Doch eine zweite Lok musste her, denn „nur eine ist langweilig,“ meint Günther. In der Zeitung fanden sie dann ein Angebot und haben zugeschlagen. Da waren es schon zwei!
Geritts Familie konnte den Kauf nicht nachvollziehen, auch das Bauen der Schienen sorgte für Unverständnis und Kopfschütteln. Doch er ließ sich nicht davon abbringen, denn „wenn einen das Eisenbahnvirus packt, dann kommt man nicht mehr los davon.“ Mittlerweile ist auch die Familie an Bord und stolz darauf, was er erreicht hat. Vor allem die Nachbarskinder, Kindergärten und Schulen in der Umgebung freuen sich ein paar Runden mit der Feldlok zu drehen.
Mittlerweile sind es vier Loks, die im Lokschuppen zu finden sind. Wer weiß, wie viele es wären, wenn es der Platz zulassen würde. Die Wartung der Maschinen und Gleise hält sich zum Glück in Grenzen: Anfangs musste einiges restauriert und ausgebessert werden, doch nun läuft alles rund. Durch die harte Arbeit sind inzwischen rund 200 Meter Schiene verlegt; Querschleifen und Kreuzungen schlingen sich ebenfalls durch den Garten. Im Zuge der Schienenverlegung konnten ein Marillenbaum und ein Ribiselstrauch, welche sich im Garten befanden, leider nicht gerettet werden. Doch wer Gerrits Lächeln im Gesicht sieht, wenn er mit der Bahn durch seinen Garten fährt, weiß, dass sich dieses „Opfer“ zweifelsfrei ausgezahlt hat.
Übrigens: Ihr kennt jemanden, der eine tolle “Gleisgeschichte” zu erzählen hat? Dann meldet euch per Mail an: social-media@oebb.at