Heldinnen der Straße
14. 01. 2021
Für den einen die pure Angstvorstellung, für unsere Lenkerinnen das einzig Wahre: in einem Bus hinter dem Steuer sitzen und sich dabei wie Heldinnen fühlen.
14. 01. 2021
Für den einen die pure Angstvorstellung, für unsere Lenkerinnen das einzig Wahre: in einem Bus hinter dem Steuer sitzen und sich dabei wie Heldinnen fühlen.
Als Kind wollte Evelyn Schendl Friseurin werden, tatsächlich wurde sie dann Verkäuferin. Wie es der Zufall so will, ist die quirlige 50-jährige gebürtige Salzburgerin heute mit Leib und Seele Buslenkerin. Ihr Beruf ist mehr als nur ein Job, es ist ihre Leidenschaft. Mit 49 Jahren hat sie sich im Rahmen des Frauen-in-die-Technik-(FiT)-Programms zur Buslenkerin umschulen lassen. Das war die beste Entscheidung, die sie in ihrem Leben je getroffen hat. Einen Busführerschein hatte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Berührungsängste mit den großen Brummern kannte sie dennoch nie. Heute gibt es für sie nichts Besseres, als am Steuer eines Postbusses zu sitzen und ihre Fahrgäste durch das steirische Hügelland zu chauffieren. Das Gefühl, ihre Fahrgäste sicher und pünktlich von A nach B zu bringen, versetzt Berge.
Mit 300 PS und mehr durch die Städte und über Österreichs Landstraßen zu cruisen, das geht nur beim Postbus. Weil wir Frauen für technische Bereiche und den Lenkerberuf begeistern wollen, arbeiten wir mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) zusammen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde 2016 in Kooperation mit dem AMS das Frauen-in-die-Technik-(FiT)-Programm gestartet. Innerhalb der letzten vier Jahre wurde der Anteil der Buslenkerinnen von knapp vier auf nahezu 8 % verdoppelt.
Dass sich ein gutes und ausgewogenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen positiv auf die Zusammenarbeit und das Arbeitsklima auswirkt, darüber sind wir uns alle einig. Wie Evelyn Schendl und all unsere Damen im Lenkdienst ist auch Tanja David Pionierin in einer Männerdomäne – das aber erst seit Juni 2018. Stockbusse sind dabei ihre Lieblingsbusse. Denn da ist die gelernte Maschinenbautechnikerin der Hero auf der Straße. Sind sie doch wie große Reisebusse mit einem ganz besonderen Fahrerlebnis.
Aber auch mit den Stadtbussen fährt sie, als wäre ihr das Buslenken in die Wiege gelegt worden. Ihren 15 Meter langen Bus schmiegt sie in die Kurve wie andere ihren Einkaufswagen ums Supermarktregal. „Man muss halt nur weit genug ausholen“, weiß die Oberösterreicherin. Skeptische Blicke von männlichen wie weiblichen AutofahrerInnen erntet sie trotz allem. Aus der Ruhe bringt sie das nicht. Vielmehr denkt sie sich ihren Teil und lässt den Autos oft die Vorfahrt. „So geht alles viel entspannter“, schmunzelt die Tausendsasserin.
Tanja David war mit Sicherheit nicht die Einzige, die gegen den Generalverdacht weiblicher Busfahrunfähigkeit ankämpfen musste. Was vor Jahren für viele ÖsterreicherInnen noch als nervenaufreibende Ausnahme galt, ist schon lange gewohnte Normalität. Buslenkerinnen, die oft im zweiten Bildungsweg eine neue Richtung einschlagen, beweisen heute hinter dem Steuer eines Busses umso mehr Gelassenheit, völlige Souveränität und maximales Verantwortungsbewusstsein.