Ein Gastbeitrag von David.
Das Warum hat viel damit zu tun, dass der Urlaub mit dem Besteigen des Zuges beginnt, dass also die langsamere Anreise ein wichtiger Teil der Reise selbst ist. Das Kartenspielen im Speisewagen, das bestaunen der großartigen Landschaft des Balkans aus den offenen Fenstern, gehört genauso dazu, wie das sanfte Einschlafen während des monotonen Ratterns der Liegewagen.
Villach – Edirne
Die Reise beginnt in Wien Meidling mit einem ÖBB Railjet nach Villach. Eine wunderbare Art sich auf die lange Reise einzustimmen, mit einem guten Schnitzel Wiener Art und einem Weißbier im DoNs Restaurant Bereich, während wir uns durch die beeindruckend schönen Alpen schlängeln.
Villach ist der Startpunkt des privat betriebenen Autoreisezugs der Optima Tours GmbH, der etwa 1.400 km quer durch den Balkan bis ins türkische Edirne fährt. Drei Liegewagen, sechs Doppel-Autoreisezugwagen und ein Speisewagen der Slowenischen Eisenbahn fahren für 32 Stunden durch Slowenien, Kroatien, Serbien und Bulgarien bis in die westlichste Stadt der Türkei.
Die erste Nacht der Zugreise geht um etwa 6.00 Uhr Früh an der Kroatisch-Serbischen Grenze zu Ende. Danach folgt ein ganzer Tag des Zugfahrens durch Serbien, einem Land wo schon lange nichts mehr in die Eisenbahninfrastruktur investiert wurde und daher an vielen Stellen nur mit sehr geringer Geschwindigkeit gefahren werden kann. Das schöne Wetter, die Landschaft bei offenem Fenster und das gute Essen und Trinken im Speisewagen machen diese lange Reise zu einem kurzweiligen Erlebnis.
Am Nachmittag des zweiten Tages erreichen wir Niš, die drittgrößte Stadt Serbiens, wo uns ein Lokwechsel bevorsteht: Von Elektro auf Diesel, für das landschaftliche Highlight der ganzen Fahrt: Die nicht-elektrifizierte eingleisige Eisenbahnlinie durch das sehr enge Nišava-Tal bis zur Serbisch-Bulgarischen Grenze.
Bei offenem Fenster durch diese beeindruckende Landschaft zu reisen, war unglaublich. Der tiefe Sound der “Dinara 666- 001“, die schon Titos berühmten „Blauen Zug“ durch Jugoslawien gezogen hat, in Kombination mit den steilen Hängen der hohen Berge, dem Rauschen des Flusses und die grüne Vegetation, machen diese Fahrt zu einem besonderen Erlebnis.
Gegen 20.00 Uhr erreichen wir dann die Grenze zu Bulgarien, gegen 22.00 Uhr dann Sofia und um 4.00 Uhr früh dann endlich die Bulgarisch-Türkische Grenze. Kapıkule heißt der Türkische Grenzort und es ist der Einzige in Europa, an dem alle Passagiere aussteigen und zum Bahnhof zur Grenzkontrolle gehen müssen.
Morgens in Edirne angekommen, besorgen wir uns sofort Tickets für den nächsten und einzigen Zug am Tag nach Istanbul und fünf Stunden später tauchen die riesigen Ausläufer dieser großen Stadt links und rechts der Bahnstrecke sowie der im Sonnenlicht glitzernde Bosporus vor unseren Augen auf. Endstation ist in Istanbul Halkalı, einem 25 km vom Zentrum entfernten Vorort. Die neu eröffnete Marmaray-Bahn, die unter den Bosporus durchführt, bringt uns zum Bahnhof Sirkeci, jener Bahnhof, der schon vor etwa 100 Jahren die Fahrgäste des Orient-Express empfangen hat. Nur wenige Meter entfernt vom Ägyptischen Basar, bzw. vom Bosporus und der Hagia Sophia, ist es ein Ankommen und sofort Eintauchen in den Trubel und Zauber dieser Stadt.