Ist das Kunst oder kann das weg?
17. 03. 2025
Ohne Genehmigung ist Graffiti vor allem illegal, weil Sachbeschädigung – und damit sauteuer für die ÖBB. So setzen wir uns gegen Sprayer:innen zur Wehr.
17. 03. 2025
Ohne Genehmigung ist Graffiti vor allem illegal, weil Sachbeschädigung – und damit sauteuer für die ÖBB. So setzen wir uns gegen Sprayer:innen zur Wehr.
Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel. Und es geht dabei um viel Geld: Einen Schaden von 4,5 Millionen Euro verursachen Graffiti an Zügen pro Jahr. Besonders betroffen ist die Ost-Region. In Wien und Umgebung entstehen 95 Prozent aller illegalen Bahnhofs-Graffiti. Hotspot für Sprayer:innen sind hier die Abstellflächen von Reisezügen. „2023 mussten wir über 50.000 Quadratmeter Graffiti entfernen“, erklärt Mario Horvath, Infra Bereichskoordinator für Sicherheit.
Die Züge sauber zu halten, bedeutet einen enormen logistischen Aufwand, der teilweise auch mit betrieblichen Einschränkungen verbunden ist. „Werden die Kennziffern auf den Zügen übersprüht, müssen die Wagen aus dem Verkehr gezogen werden – ähnlich wie bei einem Auto, dessen Nummernschild nicht mehr lesbar ist“, erklärt Christof Hermann, PV Regionalmanager der Ost-Region. Das Klettern auf Züge können Sprayer:innen mit dem Leben bezahlen, und auch für die Fahrgäste bergen Graffiti gewisse Sicherheitsrisiken: „Wenn Kennzeichnungen wie Einstiegsknöpfe oder Rollstuhlplätze übersprüht werden, können Personen mit eingeschränkter Mobilität Schwierigkeiten haben, den richtigen Einstieg zu finden.“
„Unsere Mitarbeiter:innen arbeiten fast rund um die Uhr daran, dass die Wagen so schnell wie möglich wieder einsatzbereit sind“, so Christof. „Ein Hakenkreuz kann keinen einzigen Tag toleriert werden, das muss sofort weg – aber nur einer der insgesamt vier Reinigungsstandorte in Wien verfügt auch über eine winterfeste Halle, um ganzjährig zu arbeiten.“
Doch was kann man präventiv gegen die Sprayer:innen tun, für die Züge vor allem deshalb so reizvoll sind, weil sie damit ihre Werke durch ganz Europa schicken? Die ÖBB haben einen vielschichtigen Maßnahmenkatalog entwickelt. „Wir setzen an 15 besonders betroffenen Standorten mehr Personal ein, das rund um die Uhr patrouilliert“, weiß Mario. Solche Schwerpunktaktionen zeigen rasch Wirkung. Doch sie sind kostenintensiv und haben auch ein gewisses Ablaufdatum: Sobald sich die bewachten Zonen in der Szene herumsprechen, weichen die Sprayer:innen auf andere Flächen aus. Auch spezielle Folierungen und Lacke für die Züge werden getestet. Dazu kommt Videoüberwachung, unter anderem mit Wildkameras, um ungewöhnliche Bewegungen zu registrieren. Und: Neu ist der Einsatz von Hunden. „Seit Mitte 2024 patrouillieren zwei Hundeführer samt Begleitpersonen“, erklärt Mario. „Diese speziell ausgebildeten Hunde zeigen ohne Bellen an, sobald sie Aktivität auf dem Gelände wittern. Die Hundeführer haben wir zusätzlich mit Wärmebildkameras und Nachtsichtgeräten ausgestattet.“ Erst kürzlich konnten so Sprayer:innen gefasst werden, auf deren Konto Schäden von rund 65.000 Euro gehen.
Generell fotografieren und katalogisieren die ÖBB jedes einzelne Graffito. „Wird ein:e Sprayer:in geschnappt, können wir anhand dieser Datenbank auch frühere Werke zuordnen und die Person für sämtliche Schäden haftbar machen“, so Christof.
Auch die Beobachtung von Social Media Kanälen ist ein wichtiges Präventionswerkzeug: „Wir versuchen, die Bewegungen der Szene online zu verfolgen, um Trends oder geplante Aktionen frühzeitig zu erkennen“, erzählt Mario. Und neben den eigenen Maßnahmen arbeiten die ÖBB auch eng mit der Polizei zusammen. In Tulln etwa kontrolliert die Exekutive ein- bis zweimal pro Nacht die Abstellflächen.
„Uns ist bewusst, dass wir Graffiti nicht vollständig eindämmen können“, sagt Mario. „Aber wir tun unser Möglichstes, um das Ausmaß zu minimieren.“ Für die Zukunft planen die ÖBB, auch Pendler:innen, Anrainer:innen und Spaziergänger:innen in die Präventionsarbeit mit einzubeziehen. „Je mehr Augen wir auf den Anlagen haben, desto besser können wir Schäden frühzeitig verhindern.“