Die schnellste Lok der Welt
12. 01. 2017
Am 2. September 2006 erreichte die 1216.050 (die spätere ÖBB 1216.025) bei einer Rekordfahrt auf der Neubaustrecke Ingolstadt-Nürnberg 357 km/h.
12. 01. 2017
Am 2. September 2006 erreichte die 1216.050 (die spätere ÖBB 1216.025) bei einer Rekordfahrt auf der Neubaustrecke Ingolstadt-Nürnberg 357 km/h.
Damit ist diese Lok die schnellste der Welt und löste die bisherige Rekordhalterin, die französische BB 9004, ab.
Hinter der in einem schwarz-silbernen Sonderdesign gehaltenen ÖBB-Taurus 3 Mehrsystemlok, 1216.025, verbirgt sich ein ganz besonderes Fahrzeug, nämlich die schnellste Lok der Welt. Am 2. September 2006 erreichte die damals noch im Siemens Eigentum befindliche und als 1216.050 bezeichnete Lok den bis heute gültigen Weltrekord für Lokomotiven mit sagenhaften 357 km/h. Damit war die Serienlok um 26 km/h schneller als die französische BB 9004, die am 29. Mai 1955 mit nicht weniger sagenhaften 331 km/h in die Eisenbahngeschichte einging.
Schon seit jeher ritterten in Europa unter anderem Großbritannien, Frankreich und Deutschland um die schnellsten und leistungsfähigsten Schienenfahrzeuge. Geht es doch nach einer erfolgreichen Rekordfahrt um lukrative Aufträge oder um wichtige technische Erkenntnisse. Besonders Prestige-trächtig sind natürlich die Geschwindigkeitsrekorde und die großen Eisenbahnnationen wollten in diesem Segment immer die Nase vorn haben. Bei den Dampflokomotiven siegte zuletzt am 3. Juli 1938 die britische Mallard mit 201,2 km/h vor der deutschen 05.002 mit 200,4 km/h.
Den ersten Geschwindigkeitsweltrekord elektrisch betriebene Lokomotiven und Solo-Triebwagen stellte ein deutscher Drehstromtriebwagen zwischen Zossen und Marienfelde im September/Oktober 1903 auf, als dieser mit 206 km/h über die Gleise fegte. Nur wenige Tage später wurde dieser von einem ähnlichen Fahrzeug am 27. Oktober 1903 mit 210,3 km/h getoppt. Dieser Rekord hielt sich knapp über ein halbes Jahrhundert, als am 21. Februar 1954 die französische sechsachsige CC 7121 mit 243 km/h in das Guinness Buch der Rekorde eingeschrieben wurde.
Nur ein Jahr später war es wieder die französische Industrie, die mit zwei Fahrzeugen Schnellfahrversuche anstellte. Ins Rennen gingen die von GEC Alsthom gebaute CC 7101 und die vierachsige von Jeumont/Schneider gebaute BB 9004. Die Rekordfahrten begannen am 25. März 1955 und wurden am 29. März 1955 mit dem neuen Geschwindigkeitsrekord von 331 km/h beendet. Trotz unterschiedlichen gefahrenen Geschwindigkeiten gilt dieser Rekord für beide Fahrzeuge. Frankreich hält übrigens derzeit den Weltrekord für alle herkömmlichen Schienenfahrzeuge mit 574,79 km/h, der am 3. April 2007 von einem modifizierten TGV-Duplex erreicht wurde.
Frankreich hat im Jahr 1955 eindrucksvoll bewiesen, dass die Zukunft auch in schnell fahrenden Lokomotiven liegt. Beide Fahrzeuge wurden zwar modifiziert, aber auf eine herkömmliche Strecke zwischen Bordeaux und Bayonne geschickt. Eines haben die Weltrekordfahrten aber mit Sicherheit gezeigt: Die Schwachstelle für hohe Geschwindigkeiten lag damals eindeutig bei der Schieneninfrastruktur, die zwar trassierungstechnisch geeignet war, aber durch äußere Einflüsse wie Temperatur oder Schlingern der Fahrzeuge erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurde. Auch bei den Fahrzeugen wurde zumindest Aerodynamisch nachgeholfen.
Diese spektakulären Weltrekordfahrten lieferten wichtige konstruktive Informationen, wie man künftige Schnellverkehre sowohl infrastruktur- als auch fahrzeugtechnisch umsetzen könnte. In Frankreich und später auch in anderen Ländern wurden die reinen Hochgeschwindigkeitsverkehre auf speziell trassierten Neubaustrecken und mit dem Einsatz von aerodynamisch optimierten (Triebwagen-) Zügen. Auch dieser spektakuläre Geschwindigkeitsrekord sollte knapp über ein halbes Jahrhundert halten.
Wurde 2005 in Frankreich in einer mehrtägigen Feier das 50-jährige Jubiläum der Rekordfahrten von 1955 noch gefeiert, so planten die Ingenieure von Siemens an einem eigenen Schnellfahrprogramm. Mit einem Fahrzeug der von den ÖBB bestellten Taurus, der 1216.050, sollten die Versuchsfahrten im September 2006 auf der Neubaustrecke zwischen Ingolstadt und Nürnberg über die Bühne gehen.
Offiziell war die Neubaustrecke bereits im Teilbetrieb und bot ein optimales Umfeld. Anders als bei den Fahrten von 1955 in Frankreich wurden diesmal weder an der Bahnstrecke noch am Fahrzeug keine wesentlichen Änderungen oder Optimierungen durchgeführt. An der Lok wurden die Bahnräumer und die Scheibenwischer entfernt sowie Sensoren eingebaut. Gekuppelt mit einem Messwagen erreichte die 1216.050 am 2. September 2006 in einem zweiten Anlauf um 16:03 Uhr den neuen Geschwindigkeitsweltrekord von 357 km/h in der Nähe der Ortschaft Hipoltstein.
Der Weltrekordfahrt voran gegangen waren Schnellfahrversuche im August 2006, bei denen bis zu 330 km/h erreicht wurden. Über 1.500 Zaungäste verfolgten die Lok während ihrer Rekordfahrt. Um 16:30 Uhr wurde der Bahnhof Kinding erreicht, wo unter anderem auch die extra herangebrachten bisherigen Rekordhalterinnen, die BB 9004 und CC 7107 besichtigt werden konnten.
Bei der Übergabe der Weltrekordlok an die ÖBB wurde nicht nur das Design geändert, sondern auch die Loknummer auf 1216.025. Seitdem ist die Lok nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland, Italien und Slowenien im Einsatz. Während ihrer Karriere bei den ÖBB zog sie in den ersten Jahren auch Reisezüge, vornehmlich von Villach in Richtung Dobova an die Slowenisch-Kroatische Grenze. Heute ist die Lok ausschließlich im Güterverkehr im Einsatz und erreicht im internationalen Einsatz auch Süditalienische Rangierbahnhöfe.
Als H0-Modell erschien vor Kurzem die 1216.025 in ihrer aktuellsten Version bei Roco (www.roco.cc) und ist auch im einschlägigen Fachhandel erhältlich.
Baujahre 2005-2008 (nur ÖBB)
Leistung: 6,4 MW bzw. 6 MW (=DC)
Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h
Gewicht: 87 Tonnen
Achsfolge: Bo’Bo‘